Am 17.02. beginnt die Fastenzeit. Wir haben uns diesen Tag zum Anlass genommen, um wieder einmal über das Thema Fasten zu sprechen. Diesmal haben wir wertvolle Unterstützung von Dr. Matejka bekommen. Er ist Chefarzt der Malteser Klinik von Weckbecker in Bad Brückenau und fastet selbst regelmäßig. Gerade ist sein neues Buch “Fasten heilt” erschienen. Einen kleinen Vorgeschmack darauf gibt es in diesem Interview!
Lieber Dr. Matejka, herzlichen Dank, dass Sie sich heute Zeit zur Beantwortung unserer Fragen nehmen! Sie sind Chefarzt der Maltester Klinik von Weckbecker, die zu den führenden Kliniken für Naturheilverfahren gehört. Sie selbst waren einst Schüler von Dr. Erich Weckbecker. Was hat Sie an seiner Arbeit am meisten beeindruckt?
Wenn der Satz stimmt „Man muss selbst brennen, um andere anzuzünden“ dann trifft dies auf Dr. von Weckbecker zu. Unbeeindruckt von durchaus vorhandenen Anfeindungen durch Kollegen hat er sein Konzept des kombinierten Heilfastens mit biologischen Begleitanwendungen wie Physiotherapie und vor allem Kneippverfahren konsequent und mit Erfolg durchgeführt – über viele Jahrzehnte hinweg.
©Malteser Klinik von Weckbecker
Hier praktiziert Dr. Rainer Matejka, Chefarzt der Malteser Klinik von Weckbecker
In Ihrem neuen Buch „Fasten heilt“ geht es um die heilende Wirkung des Fastens. Inwiefern kann Fasten tatsächlich eine Heilung und nicht nur eine Linderung der Beschwerden erreichen? Und fasten Sie eigentlich selbst regelmäßig?
Vor allem bei lebensstilbedingten Erkrankungsbildern, bei denen immer auch Ernährungsfragen eine wichtige Rolle spielen, kann Heilfasten tatsächlich ursächlich ansetzende heilende Wirkung entfalten. Zu denken ist an das was wir „metabolisches Syndrom“ bezeichnen. Darunter versteht man u. a. Übergewicht, Diabetes Typ 2, Bluthochdruck und weitere Risikofaktoren für das Herz. Auch Menschen, die „die Gelenke“ spüren, als Zeichen einer beginnenden Arthrose, profitieren ursächlich. Gute Erfolge erzielen wir auch bei Migräne.
Bei anderen Systemerkrankungen z. B. chronisch entzündlich rheumatischen Erkrankungen, aber auch teilweise neurologischen Erkrankungen wie MS oder Morbus Parkinson können wir Linderungen erzielen. Das bedeutet, die Erkrankung ist zwar nicht verschwunden, aber die Patienten fühlen sich besser. Der Parkinson-Patient bspw. berichtet, dass die Steifigkeit, die ja viele Parkinson-Patienten besonders belastet, besser geworden ist. Gut und nachhaltig wirkt das Fasten besonders auch bei Erschöpfungszuständen und dem Wunsch nach „Reset“, wie er heute immer häufiger geäußert wird. Ich selbst führe seit geraumer Zeit regelmäßig Intervallfasten durch – ca. 3x/Woche.
Heilfasten soll sowohl bei Autoimmun- und Hauterkrankungen, also auch neurologischen Krankheiten helfen. In welchen Bereichen verspricht Fasten Ihrer Meinung nach besonders guten Erfolgschancen? Wo hingegen liegen die Grenzen des Fastens?
Die Grenzen des Fastens liegen natürlich dort, wo mögliche Kontraindikationen bestehen. Dies trifft bspw. auf zahlreiche psychiatrische Erkrankungen zu, insbesondere Schizophrenie, Angst-Panikattacken, Zwangszustände, Wahnvorstellungen. Auch die manifeste Krebserkrankung gilt als Kontraindikation. Sicherlich ist auch ein erniedrigtes Körpergewicht per se eine Kontraindikation und hohes Alter.
Wir machen es im Hause so, dass wir Patienten ohne Fastenvorerfahrung spätestens ab dem 75. Lebensjahr nicht mehr fasten lassen. Aber auch bei erfahrenen Fastern ziehen wir spätestens mit dem 85. Lebensjahr eine Grenze, was bei den entsprechenden Patienten keineswegs immer gut ankommt…
Erklären Sie uns doch einmal, welche Prozesse beim Fasten im Körper angestoßen werden. Warum ist gelegentlicher Nahrungsverzicht so gesund?
Über Jahrzehnte hinweg erklärte man die Fastenwirkung durch entgiftende und entschlackende Effekte. Diese umgangssprachlichen Ausdrücke werden von der modernen wissenschaftlichen Medizin nicht akzeptiert. Durch die Grundlagenforschung der letzten Jahre wissen wir mehr.
Jede menschliche Zelle durchläuft genetisch gesteuert einen Selbstreinigungsprozess: sie ist imstande nicht mehr benötigte Substrate z. B. Eiweißbestandteile einzuhüllen und auszuscheiden bzw. das noch Brauchbare zu recyclen. Also eine Art Selbstreparatur. Mit zunehmendem Alter lässt diese Selbstreparaturfähigkeit nach und Krankheiten werden häufiger. Fasten ist der Weg, um diese Selbstreparaturfähigkeit wieder anzuregen.
Nach neueren Erkenntnissen zeigen schon kürzere Fastendauern, manchmal nur 1 Tag oder 2 Tage oder eben auch das immer mehr in Mode kommende Intervall-Fasten, bei dem in der Regel Frühstück oder Abendessen entfallen, eine entsprechende Umstellung des Stoffwechsels. Wir sprechen vom Metabolic Switch: der Körper bezieht dann seine Energie zunehmend aus der Verbrennung von Fettsäuren und nicht nur aus der Verwertung von Kohlenhydraten. Dieser „Switch“ aktiviert wichtige Stoffwechsel- und Immunprozesse.
Wie lange muss man fasten, um erste Erfolge zu erzielen? Und wie lange profitiert man dann von der Fastenkur? Lohnt es sich, kleinere Fastenintervalle in den Alltag einzubauen, um eine nachhaltige Verbesserung der Gesundheit zu spüren?
Früher wurde hier im Haus 21 Tage gefastet und eine Woche Kostaufbau betrieben. Dies findet heute aus zeitlichen Gründen nur noch in Ausnahmefällen statt. Die meisten Patienten sind nur etwa 10 Tage im Hause. Wir wissen aber aus der jüngeren Forschung, dass auch schon eine Woche Heilfasten effizient sein kann. Natürlich kommt es auf das Krankheitsbild an. Ein chronisch entzündliches Krankheitsbild braucht sicherlich initial ein längeres Fasten von wenigstens 14 Tagen, um eine Basis für weitere Erfolge zu schaffen. Danach lohnt es, wenigstens 1 – 2 x im Jahr eine weitere Fastenwoche anzuschließen. Wir sprechen von Etappenheilfasten, das effektiver ist als alle paar Jahre eine längere Fastenkur durchzuführen.
Um den Erfolg zu stabilisieren oder zur Vorbeugung lohnen aber auch kürzere Fastenintervalle, etwa ein Saftfastentag/Woche oder das 5/2-Prinzip, also zwei Entlastungstage/Woche, an denen bspw. nur Gemüse und/oder Kartoffeln verzehrt werden.
Auf welche neuen Erkenntnisse sind Sie durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Fasten und Heilen beim Schreiben Ihres Buches gestoßen? Geben Sie unseren Lesern gerne einen kleinen Vorgeschmack.
Ich hatte den Metabolic Switch erwähnt, die Umstellung des Stoffwechsels von der Kohlehydratverwertung zur Ketonkörperverwertung. Glaubte man früher, dabei handele es sich um minderwertige, wenn nicht gar gefährliche Substanzen, hat man in den letzten Jahren etliche positive Effekte gesehen. Es gibt sogar schon Studien, die eine solche milde Ketose besonders für das Gehirn als günstig erachten, wovon sogar demente Menschen profitieren. Offenbar verfügt der Körper demnach bei der Energieverwertung über eine Art Hybridsystem.
Die Malteser Klinik kombiniert Naturheilverfahren mit Schulmedizin. Warum ist diese Kombination so erfolgsversprechend? Und was ist dran an der Aussage, dass die Schulmedizin oft nur die Symptome des Leidens, nicht aber den Ursprung bekämpft?
Die Kombination Naturheilverfahren mit Schulmedizin ist vor allem deshalb sinnvoll und notwendig, weil wir die Möglichkeiten der schulmedizinischen Diagnostik und deren akutmedizinische Behandlungsmöglichkeiten mit den oft kausalen Strategien der Naturheilkunde kombinieren können. Dabei steht Lebensstiländerung im Mittelpunkt. Die WHO sieht Lebensstiländerung als Voraussetzung, damit Gesundheitssysteme auch noch zukünftig finanzierbar bleiben.
Mit welchen Beschwerden kommen Gäste besonders häufig in Ihre Klinik? Wie lange bleiben sie und welche Fastenprogramme sind am beliebtesten?
Mittlerweile kommen sehr viele Menschen mit dem Wunsch nach Reset. Grund hierfür sind die vielfältigen Stressoren, die auf den modernen Menschen einströmen. Sehr häufig kommen auch Patienten mit orthopädischen Problemen aller Art bei denen wir sehen, dass vieles, was auf „Verschleiß“ im Bereich der Wirbelsäule oder der Gelenke zurückgeführt wird, in Wirklichkeit durch muskuläre Verspannungen bedingt ist. Diese eröffnet etwa für die Schmerztherapie ganz neue Ansätze und gerade bei uns im Hause spielt ja die Physiotherapie eine große Rolle.
Das Fasten-Urlaubsangebot der Malteserklinik reicht von klassischem Heilfasten über Intervallfasten bis hin zu Fastenwandern. Welche Fastenkur empfehlen Sie absoluten Fasten-Neulingen?
Hier eignen sich im Prinzip alle der genannten Verfahren auch für den Fastenneuling. Allerdings sollte insbesondere beim Fastenwandern natürlich ausreichende Fitness und Gehfähigkeit und bspw. keine akute Herz-Kreislauf-Erkrankung mit Herzrhythmusstörungen vorliegen.
Fasten für Anfänger: Bald beginnt ja wieder die traditionelle Fastenzeit und vielleicht möchte der ein oder andere Fastenneuling die Entgiftung durch Nahrungsverzicht einmal zu Hause ausprobieren. Was müssen Fastenneulinge unbedingt wissen, bevor Sie mit der Körperreinigung von innen starten?
Wir empfehlen Patienten häufig Umschalttage, d. h. vor Beginn einer Fastenmaßnahme isst man bspw. 2 – 3 Tage nur Kartoffel und Gemüse oder Reis und Gemüse, dazu vielleicht ein hochwertiges pflanzliches Öl, aber eben kein tierisches Eiweiß und schon gar keine Fertignahrungsmittel. Das führt bereits zu einer recht guten Entwässerung und Entstauung und ermöglicht leichteres Übergleiten in das Saftfasten.
Wer allerdings noch nie gefastet hat, sollte dies nicht vollkommen alleine tun. Ich empfehle sich einer Fastengruppe anzuschließen. Hier gibt es viele Angebote etwa durch Volkshochschulen, aber auch durch Organisationen wie die Deutsche Fastenakademie (dfa) oder die Unabhängigen Gesundheitsberater (UGB). Ansonsten gilt die Aussage des bekannten Fastenarztes Hellmut Lützner: wir unterscheiden das vorbeugende Fasten für den noch Gesunden vom Heilfasten im echten Sinn für den bereits Erkrankten. Ersteres wird in der Regel ambulant durchgeführt, letzteres sollte eher stationär in einer Klinik durchgeführt werden.
Fastenneulinge sollten zudem über die Kontraindikationen des Fastens informiert sein und sich bewusst machen: Fasten macht man nicht mal soeben von jetzt auf gleich, sondern insbesondere beim Heilfasten sollte man sich vorab innerlich darauf einstellen.
Unsere Angebote
Übrigens: Die Malteser Klinik von Weckbecker ist als Klinik zertifiziert, weshalb auch in Lockdown-Zeiten hier Fastenkuren unter ärztlicher Anleitung möglich sind.